S.M. Kurt I. Koenemann: Ein Name, der Programm ist!

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Der 27. August 2019 ist noch einmal ein herrlicher Sommertag. Das diesjährige Schützenfest geht in seine Endphase und die Neusser Schützen fiebern dem Höhepunkt des Tages entgegen. Vier Kandidaten treten gegeneinander an: Christian Burlage aus dem Grenadierzug „Fetzige Nüsser“, Stephan Meier, Tambourmajor von „In Treue fest“, Joachim Schoth, Oberleutnant im Schützenlustzug „Alttrüscher“ und der Ehrenadjutant der Schützenlust und Hauptmann im Schützenlustzug „Die Oberjä(h)rigen“ Kurt Koenemann.

Nach der Vorstellung der vier Kandidaten wird die Schießreihenfolge in der Reihenfolge der Bewerber ausgelost. Als dritter Bewerber zieht Kurt Koenemann die Nummer 1 und beginnt das Schießen um 18:25 Uhr mit dem ersten Schuss. Für seinen 3. Schuss lässt er sich Zeit. Die vorherigen 8 Schüsse haben noch keine Wirkung gezeigt. Was keiner der Kandidaten ahnt, im Holz hat sich ein feiner Riss gebildet.

Kurt rückt die Brille zurecht, verändert ein wenig seine Sitzposition und legt noch einmal neu an. Der Schuss bricht, der Schießstand hängt voller Pulverdampf, er sieht nichts und doch wird ihm plötzlich von Komiteemitglied Michael Schmuck herzlich auf die Schulter geklopft. Wie von einem Blitz getroffen, ist der Vogel, in zwei Hälften gespalten, in das staubige Gras der Festwiese gestürzt. In Windeseile verbreitet sich um 18:31 Uhr die Nachricht, Kurt I. Koenemann ist neuer Neusser Schützenkönig 2019/2020!

Unseren Redaktionsmitgliedern Norbert Meyer und Dominik Schiefer beantwortete Kurt I. mit seiner charmanten Königin Beate bereitwillig die Fragen, wann die Entscheidung fiel, auf den Vogel zu schießen, wie er die ersten Lebensjahre in Neuss verbrachte und seine Frau Beate kennenlernte, sowie deren gemeinsame Hobbys. Die Berufsjahre bei der Polizei, die er zu einem großen Teil im Rhein- Kreis- Neuss verbrachte und die heutigen Aufgaben als Stadtbeauftragter der Neusser Malteser.

Zur Person: Als echter Neusser wurde Kurt Koenemann vor 62 Jahren in Neuss im Lukaskrankenhaus geboren und getauft, wie es damals so üblich war. In Gnadental, auf der Kölner Straße, ist er aufgewachsen und in die Konrad-Schule gegangen. Seine berufliche Laufbahn begann mit der Ausbildung bei der Polizei 1975 in Bochum. Nach seiner Ausbildung führte ihn seine erste Verwendung zur Wache in Kaarst. Später war er Wachleiter in Dormagen und Meerbusch bis er 2019 in den Ruhestand versetzt wurde. Rückblickend sei es eine schöne und interessante Zeit bei der Polizei gewesen. Kurt Koenemann ist ein alter Bekannter des Neusser Schützenwesens.

Mit 22 Jahren trat er in den Schützenlustzug „Die Oberjä(h)rigen“ ein, diente von 1995 bis 2016 den Majoren Jochen Dammer und Herbert Geyr als Adjutant und vertrat seinen Major Herbert Geyr, als dieser 2016 krankheitsbedingt das Kommando abgeben musste. Der große Wunsch des Ehrenadjutanten, nun als „Schütze-Arsch“ mitzumarschieren, erfüllte sich nicht. In seinen Zug zurückgekehrt vertrat er den erkrankten Zugführer und führte ihn 2019 als Hauptmann über den Markt. Als seine letzte Amtshandlung hatte ihn 1999 der scheidende Major Jochen Dammer zum Hauptmann ernannt.

Warum hast Du dich jetzt in diesem Jahr entschieden, auf den Vogel zu schießen?

Kurt: Die Entscheidung fiel im vergangenen Jahr am Schützenfestsonntag. Im Königsjahr von Karl- Theo Reinhart 2005/2006 habe ich schon einmal überlegt anzutreten. Beruflich war es damals nicht möglich. Vor zwei Jahren hätte ich es gerne auch noch einmal versucht, aber da kam mir aus unserem Zug Georg Martin zuvor. Es wäre schön gewesen, im letzten Amtsjahr von Herbert Geyr als Major König zu sein. Ein Jahr nach Georg Martin wollte ich mich nicht bewerben. In diesem Jahr passte alles. Mein Freund und Nachbar Volker Schmidtke wollte dieses Jahr Reitersieger werden, zumal er seine Bewerbung im vergangenen Jahr für mich zurückgezogen hatte. Das hat mich noch einmal angespornt, dieses Jahr auf den Vogel zu schießen.

Benötigt man Glück oder Können um Schützenkönig zu werden?

Kurt: Man braucht Glück! Nachdem die Reihenfolge ausgelost worden war, habe ich als dritter Bewerber die Nummer 1 gezogen. Mein Zugkamerad Georg riet mir, die Nummer 2 zu ziehen. Damit waren er und Bruno Weyand König geworden. Jakob Mattheisen hat mir gesagt, er hätte damals die Nummer 1 gezogen und wurde König. Keiner von uns Vieren hat jedoch gedacht, dass der Vogel nach dem 9. Schuss fällt. Er ist einfach in zwei Hälften zerfallen.

Was waren deine ersten Schritte imNeusser Schützenwesen?

Kurt: Der Zug Die Oberjä(h)rigen hat sich vor 41 Jahren aus Mitgliedern des Neusser Rudervereins gegründet. Selber bin und war ich aktiver Ruderer. Bei den ersten Umzügen der Oberjä(h)rigen war ich überhaupt nicht dabei. Man hatte vergessen, mich zu fragen. Das fiel erst beim Ball der Schützenlust am Sonntagabend auf und deshalb bin ich nur am Dienstagabend mitmarschiert. Im darauffolgen Jahr bin ich erstmalig richtig mitmarschiert. Ein- oder zweimal war ich Leutnant, die längste Zeit aber Spieß.

1986 Junge Oberjä(h)rige: Hintere Reihe v.l. Kurt Koenemann, Dr. Ulrich Braun, Wolfgang Breuer, Gregor Schlangen, Gereon Cornelius, Holger Dahms, Heinz-Wilhelm Rymiorz-Siepe, Jochem Dederichs, Georg Martin, Martin-Josef Küppers Vordere Reihe v.l. Christian Stoffels, Jörg Schepping, Hans Mausberg…, Paul Neuhäuser, Dr. Bernd Kluth, Dr. Thomas Kauffels
1986 Junge Oberjä(h)rige: Hintere Reihe v.l. Kurt Koenemann, Dr. Ulrich Braun, Wolfgang Breuer, Gregor Schlangen, Gereon Cornelius, Holger Dahms, Heinz-Wilhelm Rymiorz-Siepe, Jochem Dederichs, Georg Martin, Martin-Josef Küppers Vordere Reihe v.l. Christian Stoffels, Jörg Schepping, Hans Mausberg (†), Paul Neuhäuser, Dr. Bernd Kluth, Dr. Thomas Kauffels

Dein Zugkamerad Georg Martin sagte, ihr hättet beim Düsseldorfer Karnevalisten und Wagenbauer Jacques Tilly einen Kursus gebucht?

Kurt: Ein paar Leute von uns waren bei ihm, es ist gut angenommen worden, weil er wirklich Tipps gegeben hat, wie man aus Kaninchendraht richtig gute Figuren biegt. Der Zugspruch der Oberjä(h)rigen lautet ubi sumus? (Lat. Wo sind wir?) Als Nichtgründungsmitglied ist das schwer zu sagen. Wahrscheinlich aus einer Bierlaune heraus, wurde „ubi sumus“ als Zugname vorgeschlagen, frei übersetzt mit: „Wo simmer denn?“. Das war aber einigen Herren im Vorstand zu intellektuell. So wurden wir „Die Oberjä(h)rigen“. Glücklich sind wir damit nicht, ubi sumus ist unser Schlachtruf geblieben.

Du warst Adjutant zweier Majore, wie kam es dazu?

Kurt: Innerhalb der Schützenlust gibt es Patenzüge, bei uns war es der Zug Bänkelsänger. Jochen Dammer und Hans Mausberg sen. waren bei den Bänkelsängern und Hänschen Mausberg war jahrelang Oberleutnant in unserem Zug. Jochen kannte mich auch aus dem Ruderverein. Beim Fackelrichtfest 1991 wurde ich das erste Mal angesprochen, ob ich Adjutant werden wolle.

Später 1995, kurz vor unserer Jahreshauptversammlung, dem 1. Freitag im März, rief mich Jochen Dammer an und fragte, ob ich noch zu meinem Wort stände. Ich druckste noch, als er entschied: „Dann ernenne ich dich am Freitag!“ Mein Einwand, ich wäre bei der Jahreshauptversammlung gar nicht dabei, da wir nach Honkong in den Urlaub fliegen, ließ er nicht gelten. Er meinte, das wäre kein Problem. So bin ich ins Amt gekommen. Eigentlich wollte ich es nur fünf Jahre übernehmen, das hatte ich meiner Frau und dem Zug versprochen. Es wurden dann 22 Jahre.

Als Adjutant hattest du nie den Wunsch, selbst einmal Major zu werden?

Kurt: Nein, weil Jochen Dammer mit Herbert Geyr seinen Nachfolger bereits ausgeguckt hatte und ich ein gutes Verhältnis zu ihm hatte und als er zurückgetreten ist, machte es schlichtweg keinen Sinn. Es musste ein Generationswechsel her.

Ist es dir schwergefallen, wieder in Reih und Glied zu treten?

Kurt: Abermals nein, weil ich immer Kontakt zu meinem Zug gehalten habe, soweit das über Schützenfest möglich war. Man muss loslassen können. Königin Beate wurde nicht direkt in Neuss geboren, sondern in Düsseldorf-Heerdt, ging hier aber in den Kindergarten und in die Schule. In den Kindergarten, den sie heute leitet und in dem sie seit 41 Jahren tätig ist. In den vielen Jahren an der Seite eines Adjutanten, hat sie viele Facetten des Neusser Schützenfestes kennengelernt und darf als echtes Nüsser Rösken bezeichnet werden.

Wie lernen sich eine Erzieherin und ein Polizist kennen?

Kurt und Beate: Es war am 16.11.1977, einem Buß- und Bettag, in einem ganz kleinen Lokal in Neuss, dem „Schlösser Eck“ an der Ecke Büttger-/Gartenstraße. Und der Wirt war niemand anderes als… Herbert Geyr! Es war ein stiller Feiertag und wir konnten uns in Ruhe unterhalten. So einfach war das.

Die NGZ schreibt, du hättest mit der Entscheidung Kurts, auf den Vogel zu schießen, gehadert.

Beate: „Gehadert“ wäre übertrieben. Mit meinen Erfahrungen als Frau eines Adjutanten, kann ich mir gut vorstellen, was in diesem Königsjahr auf uns und auch auf mich zukommen wird. Wir sind nicht unüberlegt hineingestolpert. Ich bin noch voll berufstätig und mein Beruf steht an erster Stelle. Schützenfest ist zwar mein Steckenpferd. Als der Vogel runterfiel, war mein erster Gedanke jedoch nicht „Hurra, ich bin Königin!“, sondern „Upps, ich habe kein Kleid!“

Ist das Kleid ein eigener Entwurf?

Beate: Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ein Kleid der Schützen-Königin in Neuss so ein Thema ist. Als Kurt Adjutant war, haben wir am Krönungsumzug teilgenommen. Auf dem Weg vom Zeughaus zur Stadthalle ist mir aufgefallen, dass auf einer Straßenseite viel mehr Zuschauer als auf der anderen stehen. Erklären konnte ich es mir nicht, bis mir Kurt zuraunte, dass auf der Seite mit den vielen Zuschauern die Frauen laufen.

Das Kleid ist kein Entwurf von mir, obwohl ich schon viele meiner Kleider selbst genäht habe. Das Krönungskleid hatte ich schon einmal anprobiert, es hatte mir nicht gefallen. Es war zu viel Füllmaterial drum herum. Allerdings ist es sehr schwierig zwischen Königsschuss und Krönungsball ein Kleid zu finden. Also habe ich das Kleid noch einmal angezogen und ändern lassen, ein Jäckchen und kein Tuch genommen, da wurde es mein Kleid.

Warum geht in Neuss der König rechts von der Dame, wo es doch üblicherweise umgekehrt ist?

Die Sitte stammt noch aus dem Mittelalter: Da trug der Ritter sein Schwert links. Wäre die Dame links vom Herrn gegangen, hätte das Schwert sie beim Gehen behindert. Die Dame geht ja immer rechts vom Herrn, weil er mit rechts den Degen führt. Und der König geht rechts, weil er geschützt werden muss.
Kurt zu Beate: Da musst du dich jetzt ein Jahr dran gewöhnen! Wenn wir durch die Stadt gehen, gilt natürlich die alte Ordnung.

Wer waren die Mitglieder eures Hofstaates?

Kurt: Es war erst einmal nicht einfach den Hofstaat zusammen zu stellen. Priorität hatten unsere Patenkinder und die Kinder von guten Freunden und Zugmitgliedern. Wir haben auch Absagen bekommen. Die Semester haben begonnen und diejenigen, die Studienplätze zugewiesen bekamen, sind an dem Wochenende umgezogen, an dem der Krönungsball stattfand. Früher war es eine absolute Ehre, einmal im Hofstaat gewesen zu sein, das ist heute vielleicht nicht mehr ganz so.

Das Königspaar residiert in der Tanzschule Görke?

Kurt: Die Tanzschule bietet sich an. Simone und Oliver Görke sind jedes Jahr gebucht, um mit dem Hofstaat den Hofknicks zu üben. Von meinem Nachbarn und Reitersieger Volker Schmidtke stammte die Idee, einen Tanzkurs zu buchen. Aus der Idee wurden erst einmal 8 Tanzstunden, mittlerweile sind wir schon im 6. oder 7. Tanzkurs. Unsere Gruppe hat einen speziellen Namen. Vor jeder Tanzstunde gibt es zur Stärkung Kräuterbutter und es wird immer dieselbe Frage gestellt: „Wie war das noch mal?“ Daher sind wir die Kräuterbutter-Demenz-Tänzer. Der Tanzkurs hat am Mittwoch nach Schützenfest die Krönung noch einmal nachgestellt, mit Ritterschlag und Hofknicks.

Wechseln wir das Thema: Du bist seit kurzem Stadtbeauftragter der Malteser? Wie kam es dazu?

Kurt (überlegt eine Weile): Bei der Beantwortung dieser Frage beschleicht mich das Gefühl, als Blinder von der Farbe zu sprechen. Bis zum November 2018 hatte ich keinerlei Berührungspunkte mit den Maltesern. Deshalb erreichte mich im Frühjahr des vergangenen Jahres der Anruf meines damaligen Vorgesetzten, Landrats Petrauschke, völlig unvorbereitet: „Sie gehen doch jetzt in den Ruhestand. Die ganze Zeit zu Hause herum sitzen ist doch nichts für sie. Können sie sich vorstellen, Stadtbeauftragter der Malteser in Neuss zu werden? Wir suchen einen Kandidaten, der in Neuss bestens vernetzt ist.“

Erst einmal habe ich geschluckt und mir einige Tage Bedenkzeit erbeten. Im Urlaub habe ich mich mit meiner Frau besprochen. Sie meinte, ich solle es mir gut überlegen. „Du wirst für vier Jahre bestellt und du bindest dir mit diesem Ehrenamt einen Klotz ans Bein.“ Ich war mir unsicher, ob ich das Amt annehmen wollte. Nach Gesprächen mit dem Diözesanleiter und der damaligen Stadtleitung stand für mich fest: Hier bekomme ich die Unterstützung, wenn es einmal schwierig wird. Die Chemie zwischen uns stimmt. Ich mache das!

Was macht ein Stadtbeauftragter der Malteser?

Kurt: Der Hauptaspekt ist Netzwerken. Ich bin verantwortlich für die ehrenamtlichen Mitarbeiter der Gliederung Neuss. Ein neues Projekt, in das ich maßgeblich involviert bin, ist der Wohlfühlmorgen für Wohnungslose mit kontinuierlich steigenden Gästezahlen.  Neben einem Frühstücksbuffet erwarten die Leute eine Kleiderkammer, Duschen, ein Friseur, Fußpflege sowie eine ärztliche Beratung. Dies erfordert natürlich auch einiges an Spenden und da komme auch ich als Stadtbeauftragter wieder ins Spiel. Darüber hinaus führen wir den klassischen Sanitätsdienst auf diversen Großveranstaltungen durch und betreiben eine Küchendienst, mit denen wir u.a. die Einsatzkräfte der Feuerwehr bei Übungen oder spontanen Großeinsätzen versorgen. Vor einer großen Schwierigkeit stehen wir bei einer Rekrutierung des Nachwuchses. Früher wurde dieser in erster Linie aus dem Zivil- und Ersatzdienst rekrutiert, heute konzentrieren wir uns auf den Schulsanitätsdienst.

Was wünschst du dir als Malteser Stadtbeauftragter?

Kurt: Mehr Respekt für Helfer in der Gesellschaft! Ich habe kein Verständnis für die Aggression mancher Mitglieder der Bevölkerung. Unsere Helfer können aufgrund der zunehmenden Sorge um den Eigenschutz ihre medizinischen Primäraufgaben immer weniger ausführen. Meiner Meinung nach sind der Gesetzesgeber und die Gerichte gefordert, dabei konsequenter durchzugreifen. Man sollte auch die Schulen mit ins Boot holen, denn dort findet Erziehung heute zunehmender statt. In meinen Königsjahr möchte ich mich besonders für diese Sensibilisierung einsetzen.

Fängt das verständnislose Verhalten schon im Kindergarten an?

Beate: Ja, auch bei uns findet ein Gesellschaftswandel statt, sowohl Eltern als auch Kinder betreffend. Manche Eltern betrachten den Kindergarten zunehmend als Dienstleistungsbetrieb, d.h. leider eher familienersetzend statt familienergänzend. Sie denken mit ihrem Beitrag einen Rund-Um-Erzieher für ihr Kind gebucht zu haben. Man könnte hier von einem Familienersatz mit staatlichen Auflagen sprechen.

Gibt es denn auch einen positiven Wandel?

Beate: Die Wertschätzung des Berufs ist gestiegen, wofür wir hart gekämpft haben. Mit Kindergärtnern assoziiert man nun nicht mehr nur Kaffee trinken und Kekse essen. Die Firma Leibniz hatte dieses Vorurteil früher sogar für einen Werbespot benutzt. Allerdings sind auch die Ansprüche gestiegen. Es ist viel mehr Dokumentation erforderlich. Meine Mitarbeiter haben rund 20 bis 22 Kinder zwischen 2 und 6 Jahren in einer Gruppe und da fällt diese zusätzliche Arbeit nicht sehr leicht.

Kommen wir da doch lieber zu etwas Positivem: Euren Hobbys. Ihr habt Euch den Fernreisen verschrieben?

Kurt: Ja, wir sind auf allen Erdteilen und in mehr als 60 Ländern gewesen. Zuletzt kamen wir am Kirmesfreitag aus Kambodscha und Vietnam zurück. Beate: DU warst auf allen Erdteilen. Kurt: Na gut, du warst nicht in der Antarktis. Beate: Wir unternehmen tatsächlich sehr ungern Pauschalreisen, sondern stellen uns unseren Reiseplan selbst zusammen. So ist man auch bei einem Flugausfall etwas flexibler. Meistens sind wir mit zwei Freunden, die wir auf einer Reise in Indonesien kennengelernt haben, unterwegs.

Welche Länder haben Euch am meisten fasziniert?

Kurt: Eindeutig die Länder Afrikas aufgrund der exotischen Tiere. In freier Natur sind sie mehr als beeindruckend. Grzimek hat nicht umsonst gesagt: „Serengeti darf nicht sterben.“ In Botswana waren wir vor allem fasziniert, als wir eine Gruppe von 500 bis 600 Elefanten gleichzeitig sahen. Beate: Man muss allerdings dazu eine Einstellung finden und sich davon verabschieden, sauber zu bleiben. Durch den vielen Staub fühlt man sich aber wie eins mit der Natur und den Tieren. Wenn man sich abends mit einem weißen Handtuch die Hände säubert, ist das Handtuch sofort schwarz. Und eine Stunde später sieht man gleich wieder so aus.

Das amüsanteste Erlebnis erfuhren wir mit einer Safari-Gruppe in Tansania. Eine neue Reisegruppe war in der Lodge angekommen, gut gestylt und – wie im Film – mit beiger Weste. Die sahen uns völlig entsetzt an. Wir sagten ihnen: „Morgen sehen Sie genauso aus.“ Das haben sie uns nicht geglaubt. Kurt: Einmal kam eine neue Reisegruppe nur mit kurzen Klamotten an, die sich keinen Winter in Afrika vorstellen konnten. Wohlbemerkt haben wir am Morgen Eis vom Wagen gekratzt. Als es ihnen kühler wurde, wollten sie shoppen gehen. Die nächstgrößere Stadt war aber 500km entfernt. Wie unvorbereitet manche Leute auf Reisen gehen, ist echt erschreckend.

Ist auf Euren Reisen schon mal etwas richtig schiefgelaufen?

Beate (muss kurz schlucken): Oh ja! In Botswana waren wir alleine mit Freunden im Nationalpark unterwegs. Ein paar Löwen jagten eine Gruppe Büffel. Als wir weiterfuhren, bemerkten wir plötzlich einen platten Reifen. Die Männer holten den Wagenheber heraus, nur passte der aber nicht und wir mussten mit Steinen improvisieren und diese unter den Wagenheber legen. Hinzu kam, dass die Löwen nicht weit weg waren. Die vorbeifahrenden Reiseveranstalter halfen uns auch nicht, da es dort scheinbar verpönt ist, eigenständige Reisen zu unternehmen. Und um 5 Uhr sollte der eingezäunte Park schließen. Da ist man auch nicht mehr entspannt. Kurt: Kaum hatten wir den Wagen oben, rutschte er wieder weg und wir fingen von vorne an. Wir saßen bestimmt anderthalb Stunden fest. Letztendlich haben wir es aber geschafft. Die Löwen hatten scheinbar auch einen Büffel geschnappt und waren noch genug mit ihm beschäftigt. Beate: Sie mochten wohl kein europäisches Fleisch.

In China waren wir auch alleine unterwegs. Das war verdammt schwierig. Mit den ganzen chinesischen Schriftzeichen hat man keine Chance. Kurt: Die Straßenschilder sind alle mit Schriftzeichen versehen. Die Speisekarte kannst du nur auf- und direkt wieder zuschlagen. Beate: Einmal hatte ich mir das teuerste Gericht bestellt. Es stellte sich jedoch heraus, dass panierte Hühnerfüße vor mir auf dem Teller lagen. Die waren zwar sehr lecker, aber ich konnte sie alleine aufgrund der Vorstellung nicht essen. Dann kam der Kellner schon mit der nächsten Platte, weil er dachte, die erste wäre nicht gut gewesen.

Und Du bringst immer Stoffe von Euren Reisen mit?

Beate: Ich fand es immer schlimm, dass die meisten Kleider für mich zu kurz waren. In China fiel mir ein außergewöhnlicher Stoffladen auf. Aus guter Laune habe ich dann mal ein Kleid daraus genäht und so fing meine Sammelleidenschaft für exotische Stoffe an.

In unseren Recherchen sind wir auch auf den Hintergrund des Namen Koenemanns gestoßen. Koenemann stammt von Köhne, Kühn, Kuhne ab und bedeutet im althochdeutschen kühn, tapfer und Ratgeber. Sowohl bisher in der Schützenlust als auch künftig bei den Maltesern ist sein Name Programm.

Norbert Meyer, Dominik Schiefer