Die ehemaligen Züge unserer Gesellschaft – ein Gesamtüberblick

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Im Jahre 2024 begehen wir unser 125-jähriges Gesellschaftsjubiläum und es werden dann auch 72 Jahre seit der Wiederbelebung der Hubertusschützen-Gesellschaft im Jahre 1952 verflossen sein. Es haben sich über 66 Hubertuszüge gegründet seither, beziehungsweise sind komplett von anderen Korps‘ zu uns gewechselt. Es ist naturgemäß so, dass nicht alle Züge eine solch lange Zeitperiode überstehen.

Züge entstehen, sie wachsen und gedeihen und oft sterben sie auch. Das ist wie im Leben. Wir haben in den bisherigen Hubertus-Ausgaben des Jahre 2021 drei markante ehemalige Züge vorgestellt. Drei Züge, über die es viel Interessantes zu berichten gab. Alle anderen Zügen, über die sich im Einzelnen nicht so viel berichten lässt, weil wir auch manchmal wenig über sie wissen, fassen wir heute mal in einem großen Bericht zusammen. Wir gehen dabei chronologisch nach Eintritt in unser Korps vor. Von manchen ehemaligen Zügen wurden die Zugnamen bei späteren Gründungen von neuen Zügen übernommen.

Die Züge „Erftjunker“ und „Waldhorn“

Im Archiv werden diese Züge mit römisch I. und römisch II. bezeichnet – also zum BeispielDoppeladler I. und Doppeladler II. Nachdem der Zug „Erftjunker“ Ende 1952 in das sieche Hubertuskorps eingetreten war, um es zu erneuern und zu reformieren, folgte ihnen ganz kurz darauf zum 1.Januar 1953 der Jägerzug „Waldhorn“ unter Zugführer Josef Vossen nach. Diesen Schwenk zu einem anderen Korps haben wohl aber nicht alle Zugmitglieder mitgemacht. Waldhorn I war daher etwas zu schwach in der Personalstärke, um allein zu marschieren. Daher mussten sie im Jahre 1953 zunächst eine Zuggemeinschaft mit dem neugegründeten Hubertuszug Hirschfänger I. bilden, der ebenfalls noch zu wenig Mitglieder hatte. Während dieser Zug im Laufe der nächsten Jahre weiter aufbauen konnte, litt Waldhorn I. stets an Personalmangel und gab bereits im Jahre 1958 sein Dasein auf.

Der Hubertuszug „Hirschfänger“

Der Zug Hirschfänger I. war die erste echte Neugründung der Gesellschaft. Gegründet im Viertel rund um die Josefstraße war der dortige Lebensmittelladeninhaber Karl Niedergehrke Zugführer. Der Zug hatte die Gewohnheit zuginterne Streitereien mittels ellenlanger Briefe dem Vorstand darzulegen. Diese Briefe zeugen vom Zeitgeist der damaligen Jahre und sind von umwerfender, unfreiwilliger Komik. Zum Ende des Jahres 1962 traten die Mitglieder des Zuges bis auf einen Mann geschlossen aus der Gesellschaft aus.

Hirschfänger auf der Hammer Landstraße
Hirschfänger bei der Parade 1955

In ihrem Kündigungsschreiben nennen sie als Hauptgründe die zu hohen Kosten für Beiträge und Blumenhorn, das übertriebene Marschieren und der mangelnde Respekt gegenüber dem zweitältesten Zug der Gesellschaft. Ein Mitglied, Hans Hermes, wechselte in den Zug „Freischütz“. Er war seit 1949 bereits Mitglied der Altgesellschaft gewesen. Andere Mitglieder wie Alex Streitberg, Ernst Hufer und Peter Bolten, die später noch Mitglied der Gesellschaft sind, hatten bereits in früheren Jahren zu anderen Zügen gewechselt. Eine Neugründung des Jahres 1991 wird den Namen des Zuges übernehmen.

Neugründungen 1953 – „Hubertus-Hirsch“, „Freischütz“ und der „Fanfarenzug“

Neugegründet im Jahre 1953 war ebenfalls der Zug „Hubertus-Hirsch“, über den ausführlich in Ausgabe 2/2021 berichtet wurde. Das gleiche gilt für den Zug „Freischütz“, über den in Ausgabe 3/2021 berichtet wurde. Ebenfalls eine Zuggründung des Jahres 1953, der Fanfarenzug wurde bereits in Ausgabe 1/2021 ausführlich beschrieben. Der Fahnenzug I. wird 1953 von Mitgliedern des Zuges Erftjunker aufgebaut. Hauptsächlich wurde er aus Neuanmeldungen von an Hubertus interessierten Schützen, die noch ohne Zug waren, gebildet. Nach einem kräftigen internen Reinigungsprozess entstand eine geschlossene Zuggemeinschaft, die von ihrem Selbstbewusstsein getragen wurde.

Hubertushirsch 1962
Hubertushirsch 1962

Einzelne Mitglieder drängten in den Folgejahren in Vorstandspositionen. Zwei Mitglieder, Gerd Schwarz und Otto Krauskopf wurden Hubertuskönige. Der Fahnenzug I. wird Ende 1961 das Korps geschlossen verlassen, um das Korps der „Schützengilde“ wieder neu zu begründen, gemeinsam mit einem Zug, der 1954 von den Grenadieren zu Hubertus wechselte, der Zug „Ewig Jung AH“. Dieser Zug, eine Gründung des Jahres 1948, entschloss sich 1954 zu den Hubertusschützen zu wechseln.

„Ewig Jung AH“ und „Fahnenzug I“ in Konkurrenz zu den „Erftjunkern“

Schon bald wechselte der Erste Vorsitzende der Gesellschaft Willy Jungbluth, der seit 1952 ohne Zugmitgliedschaft war, in diesen Zug. Beide Züge, „Ewig Jung AH“ und „Fahnenzug I.“ lagen etliche Jahre gemeinsam in Konkurrenz zu den „Erftjunkern“ im Streit um Vorstandspositionen. Im Jahre 1962 werden sie gemeinsam die neue Schützengilde anführen. Der Zug „Ewig Jung“ stellte zwei Hubertuskönige und einen Schützenkönig, Karl Herbrechter, der auch neuer Major der Schützengilde sein wird.

Neugründung 1964 „Halali I“ und 1970 „Horrido“

Der nächste Zug in der chronologischen Reihe ist eine Neugründung aus dem Jahre 1964. Der Zug Halali I. ist eine komplette Neugründung, nur ein Mitglied, Siegfried Eichhoff, war bereits bei Diana und dem Fanfarenzug mitgelaufen. Eine Besonderheit lässt sich berichten von diesem Zug. Unzufrieden mit der Wahl eines neuen Zugführers traten im September 1970 zehn Mitglieder aus dem Zug „Halali“ aus und gründen den Zug „Horrido“. Die restlichen fünf Mitglieder erhalten zunächst den Zug „Halali“, geben aber im März 1972 auf. Sie verlassen die Gesellschaft. Daraufhin benennt sich der Zug „Horrido“ wieder in „Halali“ um. Vierzig Jahre lang ist es eingrundsolider Zug, in dem ein familiärer Zuggeist herrschte. Dann lässt sich der Zug 2004 völlig unnötig von einem Mitglied, das mit dem Vorstand in einem Rechtsstreit lag, zu einem Gesellschaftsaustritt verleiten.

Vom Zug „Freundschaft66“ existieren nur die Aufnahmeanträge und die Absage

Vom nächsten Zug gibt es nicht viel zu berichten, vom Zug „Freundschaft66“, der unschwer am Namen zu erkennen, 1966 gegründet wurde von einer Gruppe junger Männer, die allerdings das Pech hatten, in der Folgezeit beinah geschlossen Post vom „NATO-Papagei“ zu bekommen, also einberufen wurden. Aus war es mit der Schützenlaufbahn, jedenfalls bei uns. Vom Zug existieren nur die Aufnahmeanträge und die Absage wegen Bundeswehr.

Die Züge „Doppeladler I & II“, „Weckrufbläser“ und „Steinbock“

Im Jahre 1969 gründeten sieben ehemalige Fanfarenzug-Mitglieder den Zug „Doppeladler I“. Darunter Karl Scharf, Ludwig Bongartz und Rolf Kretzer, die auch lange Jahre Mitglied der „Weckrufbläser“ zum Patronatstag waren. Der Zug existierte neun Jahre bis 1978, der Name wurde 1984 von einer Zugneugründung übernommen, somit als Doppeladler II. geführt. Ein merkwürdiger Zug existierte von 1975 bis 1980, der Zug „Steinbock“. Dieser hatte in diesen Jahren lediglich fünf ständige Mitglieder.

Doppeladler 1970 mit Zugführer Karl Scharf
Fahnenzug

Es waren allerdings sehr gute Sportschützen dabei und es anzunehmen, dass sie bei den korpsinternen und externen Schießwettbewerben eifrig Erfolge einheimsten, die Uniformbrust von Ernst Hufer war entsprechend beeindruckend geschmückt. Am bekanntesten sind Ernst Hufer und Peter Bolten, die später bis 2004 bei Halali I. waren. Beide waren gegen den Austritt dieses Zuges aus der Gesellschaft und verblieben passive Mitglieder. Zuerst war Ernst Hufer bis zu seinem Tod dienstältestes Hubertusmitglied, nach seinem Tod folgte ihm Peter Bolten.

Zwanzig Jahre „Orden vom Horn“

Über den nächsten Zug, „Orden vom Horn“, der beinah zwanzig Jahre von 1976 bis 1995 existierte, hatten wir schon im Rahmen des Berichtes über den ehemaligen Geschäftsführer der Gesellschaft Horst Hindrichs, berichtet (Ausgabe 4/2018). Die Zugmitglieder, zu denen bekannte Hubertusschützen, wie eben der ehemalige Geschäftsführer Horst Hindrichs und auch Hubertuskönige wie Herbert Blasweiler, Walter Hünerbein, Helmut Amann gehörten, pflegten einige spleenige Ideen über ihr Zugleben. Sie betrachteten sich als Ordensgemeinschaft und gaben ihren Funktionsträgern recht einfallsreiche Titel, die sie mittelalterlichen Ritterorden entlehnten. Auch verliehen sie ihr „Komturkreuz“ als höchste Ehrung an verdienstvolle Personen. Der Zug „entschlief“ nach 19 Jahren am profansten aller Gründe, am Mitgliederschwund und an der Geografie.

Ab 1980 mit den Zügen „Auerhahn“ und „Steinadler“

Im Jahre 1980 marschierten gleich fünf neue Hubertuszüge im Hubertuskorps mit, geradezu ein Quantensprung für die Gesellschaft. Erstmalig über 20 Züge und erstmalig über 200 aktive Mitglieder. Es waren dies die Züge „Auerhahn“, „Freiwild“, „Luschhönches“, „Spätzünder“ und „Steinadler“. Von diesen mussten inzwischen zwei Züge aufgeben. Bereits 1988 der Zug „Auerhahn“, von dem wir so gut wie gar nichts wissen. Ein Mitglied, Manfred Körfer, der später Zugführer von den „Quirinusfalken“ wird, sprach von zu vielen „Eintagsfliegen“ im Zug. Viele Jahre kann man damit nicht bestehen. Bereits 1987 wird der Zug nicht mehr im Majorsbefehl aufgeführt.

Steinadler
Steinadler 2017

Der Zug „Steinadler“ überstand viele Jahre länger. Er beendete 2017, im 38. Jahr seines Bestehens sein Dasein. Seine fahrbare Bleibe auf dem Wendersplatz, die „Villa Steinadler“, wurde von den „Germanen“ übernommen. Der Zug „Steinadler“ wollte eigentlich bereits 1979 marschierfertig sein, musste jedoch einen Rückzieher machen, um mehr Mitglieder zu gewinnen. In den Anfängen wurde sie von Willibert Fischer, mit dessen Zug sie sich das Zuglokal teilten, tatkräftig unterstützt und beraten. Zuggründer und Motor des Zuges war Bernd Dick, der in der gesamten Zeit Zugführer, Schriftführer und Kassierer seines Zuges war. Er trat im Jahr 2017 nach dem Schützenfest urplötzlich aus dem Zug aus. Daraufhin brach der Zug rasch auseinander. Bereits ein Jahr später verstarb Bernd Dick im Alter von 71 Jahren.

Von 1984 bis 1997 existierte der Zug „Wibbelstitze“

Eine Vereinigung aus Kaufleuten, Unternehmern und Juristen, also „hütere Jesellschaff“. Sie stellten schnell mit Alf Stengel einen Hubertuskönig und ihr Zugführer Adolf Schätzlein wurde als Schriftführer in den Vorstand gewählt. Auch konnten sie gut mediale Aufmerksamkeit erzeugen, waren sie doch gut vernetzt. Ihre vielfältigen Interessen ließen allerdings auf Dauer eine konsequente Zugtradition nicht entstehen. Zum Schluss ihres Bestehens gründete sich aus ihrem Kreis eine Charity-Vereinigung, die sich „Sibbe Nüsser“ nannte, fleißig Spendengelder für caritative Zwecke sammelte und verteilte und damit recht häufig in der Lokalpresse in Erscheinung trat.

Die „Schwenkküffkes“

Eine recht junge Truppe von angehenden Abiturienten des Quirinus-Gymnasiums fand sich 1990 zusammen, die sich „Schwenkküffkes“ nannten und 1991 zum ersten Mal mitmarschierten. Anfangs recht gut besetzt an Mitgliedern schrumpften sie über die Jahre jedoch langsam zusammen und als im 18. Jahr ihres Bestehens eine Gruppe von mehreren Mitgliedern den Austritt ankündigte, plante man zunächst eine Marschgemeinschaft mit den „Lauscheppern“, ein Zug im gleichen Alter und mit einem ähnlichen Hintergrund.

Schwenkküffkes noch ganz jung
beim Wackelzug 1993
Hubertusstrolche 2004

Letztendlich wechselten aber vier Mitglieder der „Schwenkküffkes“ direkt zu den „Lauscheppern“ und brachten sozusagen als Mitgift ihren Bauwagen mit in diese Verbindung ein. Ein Mitglied der jungen Zuggründer, Markus Jansen, zwischenzeitlich zu den Scheibenschützen gewechselt, ist mittlerweile Komiteemitglied.

Eine Karriere von 1996 bis 1999 – die „Königshirsche“

Eine kurze Karriere im Hubertus-Korps hatte der Zug „Königshirsche“, der nur von 1996 bis 1999 existierte. Das ist eigentlich einem vorbeihuschenden Kometen gleichzusetzen. Der Zug war recht fleißig beim Gesellschaftsschießen und belegte stets den ersten Platz in der damaligen C-Gruppe. Vor dem anstehenden Aufstieg in die B-Gruppe traten sie aus dem Korps aus. Da besteht jetzt allerdings höchstwahrscheinlich kein Zusammenhang. Ein Mitglied wechselte nach Ende dieses Zuges zum Zug „Götz von Berlichingen“. Es ist Stefan Lenz, seines Zeichens Deutschlands längster Elektromeister.

Immer jood drop 2013
Hubertusstrolche 2013

Bei den nächsten vier Zügen gibt es eine Gemeinsamkeit – bei der Nachverfolgung ihrer ständig wechselnden Mitgliedschaften kann man schon mal Augenflimmern bekommen. Da wäre zunächst der Zug „Hubertusstrolche“ der 2000/2001 von Mitgliedern anderer Züge gegründet, bereits 1993 wieder eine Abspaltung erfuhr. Der Zug wurde von Mitgliedern des Zuges „Spätzünder“ gegründet, sammelte noch einige andere Hubertusmitglieder von weiteren Zügen. Schon 2003 spalteten diese sich wieder ab und gerieten mit ihren neuen Zugkameraden in einen „Rechtsstreit“. Hier mussten Major und Geschäftsführer vermittelnd eingreifen. Pläne der Dissidenten einen weiteren neuen Zug zu gründen, waren vom Vorstand nicht erwünscht und wurden von der Zugführerversammlung abgelehnt. Eigentlich kam der Zug nie zur Ruhe, rutsche öfters in bedrohliche Personalstärke, konnte sich aber über lange Zeit halten, immerhin 16 Jahre.

„Hubertusstrolche“, „Halali II.“, „Hermann von Hessen“, „Immer jood drop“

Eine Besonderheit über diesen Zeitraum war, dass sich auch drei weitere ehemalige Züge, die sich später gründeten – „Halali II.“, „Hermann von Hessen“ sowie „Immer jood drop“ nahezu des gleichen Personal-Pools bedienten. Das ständige wechselseitige Abwerben und der rasche Dauer-Wildwechsel trieben Mitgliederverwaltung und Archivar in den Wahnsinn. „Mitgliederlisten werden neuerdings auf wöchentlichen Zuruf aktualisiert“, ätzte einmal ein Vorstandsmitglied, als die Züge es mal wieder besonders übertrieben hatten und sich sogar noch ein weiterer Zug bei diesem Wechselspiel einschaltete und sich gütlich tat.

Es war klar, dass das nicht lange gutgehen konnte. Konstanz zahlt sich immer aus, siehe die alten seit Jahrzehnten prosperierenden Züge. Konstanz ist ein Faktor, Nachwuchspflege, die kontinuierlich betrieben wird, die zweite Säule. Und es gehört auch oft Glück dazu. Schützen sind auch nur Menschen, es muss halt passen. Im Wesentlichen besteht unser Korps aus Zügen, die mehrere Generationen und Altersstufen umfassen. Nur bislang wenige Züge bestehen aus einer Altersgruppe. Sie wissen wohl selbst, dass das mal in einem raschen Finale endet. Wahrscheinlich haben sie es auch so entschieden.

Viktor Steinfeldt