Mit Eierdieb und Erftquellwasser: „How to become a Neusser“

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Am 20. Juni diesen Jahres hat sich die Eierdiebtaufe des Hubertuszuges „Quirinus-Ritter“ bereits zum zwölften Mal gejährt. Wie auch in den Jahren zuvor, waren an diesem Tag zahlreiche Täuflinge am Eierdieb im Stadtgarten versammelt, um mit frischem Erftquellwasser – welches die Zugmitglieder eigens in Holzmülheim abschöpften – als „echte“ Neusser getauft zu werden.

Die Statue des Eierdiebs ist ein Werk des Düsseldorfer Künstlers Oswald Causin‘s, der den Schwan mit dem davonlaufenden Jungen im Jahr 1934 genau dort platzieren ließ, wo sich das Schauspiel für seine Inspiration abspielte. Nämlich am Weiher des Stadtgartens. Causin hatte dort einen kleinen Jungen dabei beobachten können, wie er aus dem Nest eines brütenden Schwanenpaares ein Ei gestohlen hat. Der Schwanenvater jedoch ließ den Jungen nicht ungestraft davonkommen, nahm die Verfolgung auf und biss dem Dieb in seinen Po.

Die Tradition des Taufens rührt daher, dass – so der Neusser Volksmund – man nur „echter“ Neusser ist, wenn man als Kind auf dem stadtbekannten Eierdieb geritten ist.

Wer dies nicht durch ein Foto beweisen kann, oder gar aus einer anderen Stadt seinen Weg an die Erftmündung gefunden hat, dem soll die symbolische Einbürgerung nicht verwehrt bleiben. Schließlich empfängt der Neusser nach rheinischer Art einen auswärtigen Gast stets mit offenen Armen und bringt ihm die heimischen Traditionen näher. Oftmals mit Erfolg, denn nicht wenige Neusser Schützen stammen ursprünglich gar nicht aus dem altehrwürdigen Novesia, sondern haben über Umwege das letzte Wochenende im August lieben gelernt.

Bei schönstem Sonnenschein und angenehmen Temperaturen trafen die Täuflinge samt ihren Begleitungen ab 13 Uhr im Stadtgarten ein. Bei einem gekühlten Getränk und köstlichen Häppchen, welche Quirinus-Ritter Marcel Jochem eigens vorbereitete, wurde fröhlich das eine oder andere Wort gewechselt. Gäste, die bis dato noch nicht an einer Eierdiebtaufe teilgenommen hatten, bot dies natürlich ausreichend Gelegenheit über das genaue Prozedere am Eierdieb zu spekulieren. Sie sollten nicht enttäuscht werden.

Eierdiebtaufe des Hubertuszuges „Quirinus-Ritter“

Nachdem alle Gäste eingetroffen waren, übernahm nach dem Willkommensgruß von Oberleutnant Andreas Wegel, Zugmitglied Fabian Gärtner das Wort und bat den ersten Täufling, S.M. Bruno II. Weyand nach vorne, um auf dem bronzenen Schwan Platz zu nehmen. Nach einer kurzen Vorstellung seines Neusser Werdegangs, wurde S.M. Bruno II. Weyand vom ehemaligen Schützenkönig Christoph Napp-Saarbourg mit Erftquellwasser getauft. Eine Aufgabe, die eigentlich traditionell dem Vorjahreskönig zuteilwird. Jedoch konnte Georg Martin aus gesundheitlichen Gründen leider nicht teilnehmen.

Nachdem das kühle Nass seiner Majestät über das Haupt gegossen und das Taufprozedere standesgemäß mit einem Gläschen Eierlikör beschlossen wurde, führte S.M. Bruno II Weyand die Aufgabe des Taufpaten mit voller Hingabe und reichlichem Erftwasserverbrauch aus. Der nächste Täufling, der erfrischendes Wasser über sich ergehen lassen und ein Gläschen Eierlikör genießen durfte, war Hubertuskönig Dirk Reinsch. Nachdem auch weder seine Haare, noch seine Kehle trocken geblieben sind, teilte er sich nun bei den darauffolgenden Täuflingen die Position des Taufpaten mit S.M. Bruno II. Weyand.

Auch unter den Quirinus-Rittern selbst gab es noch einige Mitglieder, die kein Foto auf dem Eierdieb vorweisen konnten oder nicht in Neuss geboren worden sind. So war es daran, dass der gebürtige Düsseldorfer Valentin Klein, das Lübecker Nordlicht Alexander Selck und der diesjährige Gastschütze Sebastian Gärtner, die Ehre hatten, sich auf dem Federkleid des Schwans niederzulassen, um „echte Nüsser Jungens“ zu werden.

Da sich die Eierdiebtaufe keineswegs darauf beschränkt, eine Veranstaltung innerhalb des Hubertuskorps zu sein, waren weitere Gäste wie der Jakobuskönig Horst Vossen, der zweite Vorsitzende des Gildekorps Fabio Papa, sowie der Präsident und Schützenkönig des Bürgerschützenvereins Gierath-Gubbelrath Ralf Kriesemer unter den Täuflingen. Um seine enorme Verbundenheit mit seiner Heimatstadt am Rhein zu bekräftigen, ließ es sich das Neusser Urgestein Horst Faller bei der diesjährigen Eierdiebtaufe nicht nehmen, ebenfalls mit Erftquellwasser begossen zu werden. Michael-Franz Breuer wurde zwar in Neuss geboren, in Neuss getauft und ist auch auf der westlichen Rheinseite aufgewachsen, nur kann er nicht garantieren, dass ein Foto von ihm auf dem Eierdieb existiert. Damit er, wie er selbst sagt, in den Neusser Himmel kommt, hole er dies besser nach.

Auch der ehemalige Hubertuskönig Frank Herstix ließ sich in diesem Jahr nicht zweimal bitten

Wollte er doch das Ritual auf dem Eierdieb miterleben. Da er bei der letztjährigen Veranstaltung wegen eines Urlaubs verhindert war, ergriff er in diesem Jahr die Möglichkeit beim Schopfe und ließ sich kühles Wasser über den Seinen gießen. Neben vielen Neussern, die an diesem Tag mit dem Ritt auf dem Eierdieb leibhaftige Neusser geworden sind, waren auch viele Täuflinge unter den Gästen, die nicht in Neuss geboren worden sind. Dr. Christian Koch ist gebürtiger Würzburger, wurde in Wuppertal getauft und lebt seit 2003 in Neuss. Kay Schlossmacher, welcher in Neuss als Betreiber des „Gare du Neuss“ bekannt ist, wurde „op de Schäl Sick“ geboren und verbrachte auch seine ersten Lebensjahre in Düsseldorf, ehe er auf die Robert-KochStraße gezogen ist.

Norbert Meisen wurde ebenfalls in Düsseldorf geboren, lebt jedoch seit 48 Jahren in Neuss und hat sich die offizielle Einbürgerung demnach redlich verdient. Der gebürtige Wuppertaler Jens Mukasa, welcher seit sieben Jahren an sonnigen Tagen über den Neusser Markt flaniert, hat sich am 20. Juni auch dazu entschlossen, mit Leib und Seele Neusser zu werden, und ließ sich dies auf dem bronzenen Federvieh beurkunden.

Der Täufling mit der exotischsten Hintergrundgeschichte, hinsichtlich der Lebensstandorte, war an diesem Tag Dr. Max Lennertz. Geboren in den Niederlanden, aufgewachsen in Frankreich und hat im Laufe seines Lebens nahezu die gesamte Welt bereist. Dass er nun seine Heimat, nicht zuletzt wegen der Liebe, in Neuss gefunden hat und stolzer Vater zweier „Nüsser Jungens“ ist, sagt einiges über die Wirkung aus, die unsere Stadt auf zugezogene Mitmenschen hat.

„Nüsser Röskes“ unter den Täuflingen

Da unser gesamtes Neusser Schützenfest ohne unsere „Nüsser Röskes“ nicht im Ansatz das wäre, was es heute ist, wurden selbstverständlich auch die Frauen unserer Täuflinge gebeten, auf dem Eierdieb Platz zu nehmen. Die Frauen, die uns Schützen nicht nur am letzten Wochenende des Augusts mit Rat, Tat und reichlich Liebe unterstützen, sind für das Schützenwesen genauso notwendig, wie die Männer, die mit Stolz über den Markt marschieren.

Neben der Neusser Schützenkönigin I.M. Karin II. Weyand, wurden Hubertuskönigin Audrey Sinzig, sowie die Gattin des ehemaligen Hubertuskönigs Manuela Herstix mit Erftquellwasser getauft. Claudia Müller-Loevenich, welche ein paar Rheinkilometer südlich von Neuss in Köln geboren wurde und Corinna Kriesemer, eine gebürtige Saarbrückerin, wurden ebenfalls herzlich mit Erftwasser und Eierlikör in den Kreis der Neusser aufgenommen. Der Hubertuszug „Quirinus-Ritter“ bedankt sich herzlich bei allen anwesenden Gästen für den schönen Nachmittag im Stadtpark und wünscht allen Leserinnen und Lesern ein schönes Schützenfest 2019.

Fabian Gärtner