Herbert Blasweiler – Ein bedeutender Hubertusschütze

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Im Jahre 2024 begehen wir Hubertusschützen das 125-jährige Jubiläum der Gesellschaftsgründung. Im Vorgriff auf dieses große Ereignis möchte das Archiv der Hubertusschützen an verdienstvolle Mitglieder erinnern, ohne deren Wirken unsere Gesellschaft nicht ihre heutige Stellung besäße. Heute erinnern wir uns an Herbert Blasweiler.

Lediglich einundvierzig Hubertusschützen aus der heutigen Mitgliederliste waren bereits Teil unserer Gesellschaft als Herbert Blasweiler am 28. Mai 1979 verstarb. Es wurde daher Zeit, an die Verdienste dieses Mannes zu erinnern, ohne den unsere Gesellschaft nicht diesen erfolgreichen Weg ab 1952 genommen hätte. Natürlich denken wir hier in erster Linie vor allem an den unvergessenen ehemaligen Major Bruno Kistler, dessen 100. Geburtstag wir im Dezember dieses Jahres begehen werden.

Aber ein Mensch allein, sei er noch so charismatisch und durchsetzungsstark, kann die gewaltige Aufbauarbeit, die im Herbst 1952 begann, nur durch eigene Leistung nicht vollbringen. Es bedarf vieler Köpfe und Hände und es bedarf tatkräftiger Organisationstalente, bei denen alle Fäden zusammenlaufen und die den „Laden am Laufen halten“. Diese Person war Herbert Blasweiler. 1913 geboren in Neuss, absolvierte Herbert Blasweiler nach der Volksschule von 1927 bis 1929 die Handelsschule und absolvierte danach eine Drogistenlehre.

Drogist, Seifensieder und Betriebsleiter

Unter dem Begriff Drogist muss man heute etwas anderes verstehen als damals. Der Umgang mit Chemikalien und die Anfertigung von Kosmetika und anderer Dinge spielen heute keine Rolle mehr bei der Masse an industriell gefertigten Fertigprodukten, die heute den Markt dominieren. Nach seiner Lehre bildete sich Herbert Blasweiler innerhalb der Kosmetikbranche noch drei Jahre weiter, zu der tatsächlich auch noch die Seifensiederei gehörte.

Ab 1935 war Herbert Blasweiler für einige Jahre als Reisender und Vertreter von Kosmetikprodukten im Raum Berlin unterwegs. Als junger Mann aus dem Kosmetikgewerbe in einer Weltstadt tätig zu sein, bezeichnete Herbert Blasweiler später immer als seine schönste Lebenszeit. Wir ahnen fast weshalb. Von 1941 bis 1942 war Herbert Blasweiler Betriebsleiter einer chemisch- pharmazeutischer Fabrik in Berlin. Ein Hinweis auf die berufliche Qualifikation.

Ab 1942 musste aber auch Herbert Blasweiler Kriegsdienst leisten. Für drei Jahre diente er in Norwegen als Marineartillerist, wurde allerdings bereits im August 1945 aus der Kriegsgefangenschaft entlassen. In der Heimatstadt Neuss versuchte er sich, wie alle anderen Menschen in den Nachkriegswirren, wirtschaftlich durchzuschlagen.

Er gründete im Dezember 1945 ein Werbeunternehmen (was immer wir uns auch darunter vorstellen mögen in einer Zeit, in der es nichts zu kaufen gab). An anderer Stelle wird auch von einer Tauschagentur geschrieben, was den ökonomischen Gegebenheiten wohl eher entsprochen hat. Als sich nach der Währungsreform 1949 das Wirtschaftsleben wieder regte, hatte sich Herbert Blasweiler schon längst mit einem Tabakwarenfachhandel mit Standort Büchel /Ecke Markt etabliert. Der Kiosk dürfte wohl bekannt sein, er existiert noch heute.

Bereits 1949 managte er zum ersten Schützenfest für das Komitee die Tribünenverwaltung und den Kartenverkauf

Ebenfalls 1949 gehörte er zu den Mitbegründern des Jägerzuges „Erftjunker“ und wurde dessen erster Leutnant. Oberleutnant war hier unser späterer Major Bruno Kistler. Auf Betreiben des Komitees übernahmen die „Erftjunker“ 1952 die Aufgabe das siechende Hubertus-Korps wieder aufzubauen. Herbert Blasweiler hatte daran einen großen organisatorischen Anteil. Er führte die Fusionsverhandlungen und schuf die neue Satzung.

Sein Kiosk am Markt war eine rege Anlaufstelle für alle aktiven und passiven Mitglieder und Interessenten. Wir wollen nicht vergessen, dass die Leute noch kein Telefon hatten. Die persönliche Vorsprache war somit unabdingbar.

Bei der ersten Vorstandswahl wurde Herbert Blasweiler zum Schriftführer gewählt, was dem heutigen Geschäftsführer entsprach, und blieb es für acht Jahre. Auch seine Dienststellung veränderte sich. Da Bruno Kistler erster Major der Gesellschaft wurde, stieg Herbert Blasweiler als nunmehriger Zugführer des Hauptmannszuges „Erftjunker“ zum Hauptmann auf.

In nur einem halben Jahr hatte der neue Vorstand ein neues Korps geschaffen

Vielen älteren Hubertusschützen blieb Herbert Blasweiler mit seinem Bestreben zu unbedingter Disziplin als „Feldwebel“ und sogar „Schleifer“ in Erinnerung. Und mancher mag damit ein wenig gefremdelt haben. Es liegt noch heute ein Beschwerdebrief des ersten Fahnenzuges, der 1962 die Schützengilde mitbegründen wird, vor. Hier wird der rüde Kommandostil des Hauptmanns und Geschäftsführers in seinen Rundbriefen bitter beklagt. Preußisch korrekt setzte der Geschäftsführer und Hauptmann seinen Eingangsstempel auf den Brief und heftete ihn sorgfältig ab.

Er führte die Mitgliederlisten, mahnte in unzähligen Infoschreiben ausstehende Zahlungen, fehlende Passbilder, Adressänderungen und vieles mehr an. Bei ihm lief alles zusammen. Er hatte einen kurzen Weg zum 1. Vorsitzenden Willy Jungbluth, der als Stadtoberamtmann gegenüber im Rathaus saß.

Zwei Lager innerhalb der Hubertusschützen

Nähern wir uns nun einem etwas heiklerem Thema. Mitte der 50er-Jahre hatten sich innerhalb der Hubertusschützen zwei Lager gebildet. Ein Lager, welches Bruno Kistler und den „Erftjunkern“ zuneigte, und ein zweites Lager in Opposition, welches aus den Zügen „Ewig Jung“ und dem „Fahnenzug“ bestand, unter Anführung des Vorsitzenden Willy Jungbluth. Dieses Lager machte den „Erftjunkern“ den Alleinvertretungsanspruch streitig.

Bei der Besetzung der Vorstandsämter wurde strikt um Proporz gerungen. Dies wurde besonders gut sichtbar als sich ab 1957 ein höchst verwirrendes Wechselspiel im Vorstand entwickelte. Zum Schützenfest 1957 traten vier Hubertusschützen an die Vogelstange und Major Bruno Kistler wurde erster Schützenkönig aus unserer Gesellschaft. Er wurde im Januar 1958 wieder zum Major gewählt, es wurde jedoch Toni Lück, Zugführer des Zuges „Ewig Jung“, als Vertreter des Majors auf dem Schützenfest 1958 bestimmt.

Ihm wurde Herbert Blasweiler als Adjutant an die Seite gestellt. Wir erinnern an den Proporz. Herbert Blasweiler hatte seine Mitgliedschaft im Zug „Erftjunker“ beendet und damit auch sein Hauptmannsamt, da er sich verstärkt im Jägerkorps der Neusser Furth einbrachte.

Karl Meyer vom Zug „Erftjunker“ wurde neuer Hauptmann. Im Januar 1959 geschah denn das Undenkbare, Bruno Kistler wurde nicht zum Major wiedergewählt, man dankte ihm für die geleistete Aufbauarbeit. Neuer Major wurde Karl Meyer. Dieser legte jedoch bereits im März 1959 sein Amt als Major nieder und trat aus der Gesellschaft aus.

Für drei Jahre Jägermajor auf der Neusser Furth

Wiederum war es Toni Lück, der als Vertreter des Majors über den Markt ritt, an seiner Seite Herbert Blasweiler als Adjutant. 1959 ergibt sich daher eine einmalige Konstellation im Neusser Schützenwesen. Herbert Blasweiler reitet zu Pfingsten als Major dem Jägerkorps Neuss- Furth voran und auf dem Neusser Schützenfest als Adjutant vor den Hubertusschützen.

Ab 1960 ist dann Bruno Kistler wieder Major. Im Jahre 1961 wird der Lagerkampf kulminieren und zum Jahresende 1961 werden Fahnenzug und „Ewig Jung“ das Hubertuskorps verlassen. Herbert Blasweiler hatte sich in den Jahren des Streites herausgehalten. Ab 1962 wird er als Schatzmeister für viele Jahre wieder im Vorstand tätig sein.

Herbert Blasweiler
Bei der Eröffnung seines Ladens
Herbert Blasweiler
Ein Hauch von K. Lagerfeld
Herbert Blasweiler
1962 Im Kreise seiner Reiterfreunde

Mittlerweile hatte er aus der Keimzelle seines Betriebes, dem Kiosk auf dem Markt, ein kleines „Imperium“ an Trinkhallen in allerbesten Lagen aufgebaut, die zum Teil noch heute florieren. Daher sein Spitzname „Büdcheskääl“. Er war ein Organisationstalent, der sich rührig bei allen Vorstandsarbeiten beteiligte, sei es bei den Schützen, im Billardverein oder im Reiterverein.

Er war auch politisch aktiv als Schatzmeister des Kreisverbandes der FDP und saß in verschiedenen Ausschüssen des Stadtrates. Selbstredend war er auch tätig innerhalb des Bezirksverbandes der Schützenbruderschaften.

Der Kern des heutigen Fahnenzuges

Ab 1962 standen die Hubertusschützen ohne aktiven Fahnenzug da. Herbert Blasweiler organisierte eine Truppe aus passiven Mitgliedern, die sich Reservisten nannten und so für einige Jahre die Fahnen der Gesellschaft an Schützenfestumzügen präsentierte. Das war der Kern des heutigen Fahnenzuges.

Die älteren Mitglieder diese neuen Fahnenzuges überließen nach 1974 den jüngeren Mitgliedern den Zug und nannten sich von da ab Fahnen-Reservezug. Seine Vorstandsarbeit beendete Herbert Blasweiler 1973 und krönte im gleichen Jahr seine Schützenlaufbahn, er wurde Hubertuskönig 1973/1974.

Herbert Blasweiler
1973 Proklamation zum Hubertuskönig
Herbert Blasweiler
Parade 1975
Herbert Blasweiler
1977 als Ablaufoffizier

Im Jahre 1975 sehen wir ihn an Schützenfest-Sonntag im schwarzen Zivilanzug auf der Tribüne. Er schaut etwas missvergnügt, vermisste er die aktive Teilnahme oder hatte er diverse Schwachstellen erkannt? Wahrscheinlich letzteres, denn im Jahre darauf sehen wir Herbert Blasweiler bester Laune und quirlig als Ablaufoffizier des Regimentes auf dem Markt.

Sein Freund und ebenfalls ehemaliger Geschäftsführer der Gesellschaft Horst Hindrichs erzählt dem Archiv, dass Herbert Blasweiler zum Präsidenten Thywissen gegangen sei, um ihm den Posten eines Ablaufoffiziers vorzuschlagen und natürlich sich gleich selbst als ersten Amtsträger. Daraus erwuchs die Tradition, dass die Ablaufoffiziere aus dem Korps der Hubertusschützen stammen.

Leider dauerte die Amtszeit Herbert Blasweilers nicht lange, denn bereits 1978 wurde er von einer heimtückischen Krankheit befallen, der er 1979 erlag. Auf eigenen Wunsch wurde er in aller Stille bestattet. Seine Frau Doris überlebte ihren Mann 40 Jahre und starb 2019.

Herbert Blasweiler war Träger der Auszeichnungen SVK, HBO, SEK sowie Schulterband mit Stern zum SEK.

Viktor Steinfeldt