Am 4. Januar 1989 verstarb Bruno Kistler kurz nach seinem 68. Geburtstag und noch nicht mal ein Jahr nachdem er als Vorsitzender und Major unserer Hubertus-Schützen-Gesellschaft von seinen Ämtern zurückgetreten war. Sonderseiten in der örtlichen Presse zum Schützenfest 1987 stellten uns seine heute unvorstellbare Amtszeit als Major von über 35 Jahren vor.
Ab 1950, seit Gründung des Jägerzuges „Erftjunker“ war Bruno Kistler Zugführer und Oberleutnant dieses Zuges. Nach dem Schützenfest 1952 trat das Komitee des Neusser Bürger-Schützen-Gesellschaft an den Zug „Erftjunker“ und seinen Oberleutnant heran mit der Bitte sich der siechenden Hubertus-Schützen-Gesellschaft anzunehmen und diesem Korps neues Leben einzuhauchen. Bruno Kistler und seine Freunde der „Erftjunker“ schafften binnen Jahresfrist das nahezu Unmögliche.
Mit neuer Satzung, neuem Schwung und neuer Uniform gelang der Gesellschaft eine vielbeachtete Rückkehr auf den Erfolgsweg. Das schneidige Auftreten der neuen Hubertusschützen lockte in den Folgejahren gerade neue, junge Züge in das Korps, die vor allem vom charismatischen, gutaussehenden Major beeindruckt waren. Der erste Höhepunkt der wiedergeborenen Gesellschaft war die Erringung der Schützenkönigsehre durch ihren Major Bruno Kistler im Jahre 1957.
Bruno Kistler war in der Innenstadt aufgewachsen. Seine späteren Adjutanten Mathias Gondorf und Alex Wismann (beide ebenfalls spätere Schützenkönige) waren seine Schulfreunde. Nach Reichsarbeitsdienst und Kriegsteilnahme kehrte Bruno Kistler im November 1945 wieder nach Neuss zurück und fand 1949 den Weg zu den Schützen. Im ersten Jahr füllte er als Gastmarschierer eines Jägerzuges die gelichteten Reihen um dann 1950 mit Freunden den Jägerzug „Erftjunker“ zu gründen. Der Zug fiel dem Komitee angenehm auf und wurde als Wiederbegründer der Hubertusschützen ausgewählt.
Diese Gesellschaft hatte nur noch neun Mitglieder und war völlig überaltert. Die „Erftjunker“ übernahmen eine nahezu unmögliche Aufgabe.
Sie gelang glänzend und bereits wenige Jahre später war die Gesellschaft auf über 170 aktive Mitglieder angewachsen. Was man natürlich in Relation zur damaligen Regimentsgröße stellen muss. Einen Rückschlag erfuhr der Aufbau der Gesellschaft zum Ende des Jahres 1961, als 70 Mitglieder die Gesellschaft verlassen hatten um die Schützengilde neu zu begründen. Unter Bruno Kistlers Führung – ab dem Jahr 1965 vereinigte er die Ämter des Ersten Vorsitzenden und Majors in Personalunion – wuchs die Gesellschaft in den Folgejahren aber stetig. An seinem letzten von ihm als Major angeführten Schützenfest 1987 marschierten 375 aktive Hubertusschützen.
Er besaß die deutsche sowie schweizerische Staatsangehörigkeit. Er entstammte einer uralt-eingesessenen Familie aus Reichenburg im Kanton Schwyz. In der Schweiz besaß er auch ein Anwesen, auf dem er große Teile des Jahres verbrachte. Er konnte sich auf den fähigen Vorstand der Hubertusschützen verlassen. Gesundheitliche Probleme ließen ihn im Jahre 1988 von allen Ämtern zurücktreten. Seine Nachfolge regelte er in seinem Sinne, er überzeugte den ehemaligen, langjährigen Hauptmann Manfred Günther, das Amt des Vorsitzenden und Majors zu übernehmen.
Er war Träger höchster Schützenauszeichnungen des Bundes der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften und wurde zum Ehrenmitglied des Neusser-Bürger-Schützen-Vereins ernannt. Seine 35-jährige Amtszeit als Vorsitzender und Major wird wohl nie mehr übertroffen werden. Leider verstarb Bruno Kistler allzu früh bereits mehrere Monate nachdem er seinen Abschied genommen hatte am 4. Januar 1989.
Viktor Steinfeldt, Archivar