Ein unbekannter Chronist unserer Gesellschaft

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Wenn man erfahrene Hubertusschützen befragt, welche Autoren sich näher mit der Geschichte und dem Werdegang unserer Gesellschaft beschäftigt haben, dann wird sicherlich als erstes der Name Joseph Lange fallen.

Joseph Lange, Stadtarchivar, Historiker und Journalist, ist schon allein auf Grund seines langen Lebens und seines Lebenswerks DER Zeitzeuge des 20. Jahrhunderts zur Geschichte der Stadt Neuss und auchseiner Schützen. Die große Chronik zum 100-jährigen Gesellschaftsjubiläum im Jahre 1999 wäre ohne seinen Beitrag nicht möglich gewesen, gab es doch (noch) kein Hubertusarchiv.

Ein weiterer Name dürfte vielen einfallen, Peter Albrecht – ehemaliger Schriftführer, Erfinder und langjähriger Macher und Betreiber unserer Hubertuszeitung. In jüngerer Zeit bekannt für den Bürgerfunk-Kanal „Schötzekall“.

Mehr als diese beiden Personen werden den Allermeisten nicht einfallen. Und dennoch gibt es eine Person, die sich besonders um Aufklärung über die Zeiten bemühte, in denen unsere Gesellschaft „voll unter dem Radar“ flog – beinah von der Öffentlichkeit unbemerkt – und das Wenige, was man wissen konnte, zusammentrug und noch viele Zeitzeugen befragen konnte. Es handelt sich um eine Person, die man nie und nimmer „auf dem Schirm“ gehabt hätte.

Rudi Illgner, der Gastwirt im legendären „Bunten Ochsen“

Dieser trat Mitte der 1950er-Jahre, wie viele andere Gastwirte, der Gesellschaft als passives Mitglied bei. Für Rudi Illgner blieb dies jedoch nicht nur reine Formsache. Er begann, sich zu engagieren. Er nahm unseren Fanfarenzug, der in seinen Gasträumen probte, unter seine Fittiche und engagierte sich sehr für diese Musikeinheit. Illgner wurde sogar über etliche Jahre Schriftführer der Gesellschaft.

Darüber hinaus, beschäftigte er sich auch intensiv mit der Geschichte unserer Gesellschaft und merkte rasch, dass schriftliche Dokumentationen mehr als rar waren. Daher befragte er ältere und älteste Zeitzeugen, die zu der Zeit noch lebten. So konnte er noch einiges aus der „gar nicht so guten alten Zeit“ zusammentragen. Er machte dies deutlich an den ausgefallenen Jubiläen.

1924 wäre das 25-jährige Gründungsjubiläum gewesen

Das Rheinland unter fremder Besetzung, im Jahr nach der Hyper-Inflation. Während Not und Kargheit war an ein Jubiläum nicht zu denken. Desgleichen 1949, das 50-jährige Jubiläum. Zwar regte sich das Schützenwesen bereits zaghaft, aber bei den Hubertusschützen lag noch alles brach. Der 2. Weltkrieg hatte die ohnehin personell geschwächte Gesellschaft noch mehr gebeutelt als nach dem 1. Weltkrieg; es gab kaum mehr als zehn Hubertusschüten. Es herrschte Arbeitslosigkeit und Not inmitten einer zerstörten Stadt. Wer denkt da an ein Jubiläum?

Bei Illgner wird besonders die Beharrlichkeit und Zähigkeit herausgehoben, mit denen die wenigen oft bis an den Rand der Bedeutungslosigkeit geschrumpften Hubertusschützen an ihrem Korps festhielten. Während Schützenlust und Schützengilde in den Notzeiten zwischen den Kriegen ihr Ende verkünden mussten, um erst Jahrzehnte später wieder neu gegründet zu werden, blieben die Hubertusschützen standhaft. Zwar bis auf eine Handvoll geschrumpft, doch es gelang der Wiederaufstieg ab 1952/1953.

Ausschnitt aus der Illgner-Chronik

Dies alles ist anschaulich nachzulesen auf zwölf eng beschriebenen Schreibmaschinenseiten. Im Archiv haben wir zwei Fassungen. Eine mit vielen Nachsätzen und Korrekturen und eine Reinschrift auf dünnem Durchschlagpapier.

Der erste Archivar des Hubertusarchivs, Peter Albrecht, bestätigte uns, dass sich auch Joseph Lange auf die Chronik des Rudi Illgner stützte. Es ist unschwer im Text zum Jubiläum des Jahres 1999 zu erkennen.

Viktor Steinfeldt